Washington (Reuters)-
Nach dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien treiben die USA und
Großbritannien die Vorbereitungen für einen Militärschlag gegen die
Führung in Damaskus voran.
Die "Washington Post" berichtete am Dienstag unter Berufung auf
hochrangige Regierungskreise, ein Angriff werde möglicherweise nur ein
bis zwei Tage dauern. Außenminister John Kerry sagte, nach Ansicht von
Präsident Barack Obama müssten die zur Verantwortung gezogen werden, die
"die abscheulichsten Waffen der Welt gegen die verletzlichsten Menschen
der Welt" einsetzten. Die Beweise für den Einsatz von Giftgas seien
unstrittig, sagte ein Sprecher des Präsidialamtes. Großbritannien
forderte ein Einschreiten der internationalen Gemeinschaft. Es werde
über eine "angemessene Reaktion" nachgedacht, sagte ein Sprecher von
Premierminister David Cameron.
Bei dem Angriff in Vororten der Hauptstadt Damaskus waren am
vergangenen Mittwoch Hunderte Menschen ums Leben gekommen. Derzeit
ermitteln Chemiewaffenexperten der Vereinten Nationen vor Ort, ob es zum
Einsatz von Giftgas gekommen ist. Zur Frage, wer Chemiewaffen
eingesetzt haben könnte, sagte Kerry, es sei die Regierung Assad, die
derartige Waffen besitze und auch die Möglichkeiten habe, sie zu nutzen.
Die USA verfügten über zusätzliche Informationen und würden diese bald
veröffentlichen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hatte davon
berichtet, dass binnen weniger Stunden nach dem Angriff mehrere Tausend
Menschen mit Symptomen einer Nervengasvergiftung in Krankenhäuser
eingeliefert worden seien, Hunderte seien gestorben. Die Rebellen
sprechen von bis zu 1300 Toten.In dem Zeitungsbericht heißt es, Obama prüfe einen Militärschlag, dessen Umfang und Dauer begrenzt wäre und der die USA nicht tiefer in den syrischen Bürgerkrieg hineinziehen würde. Die Umsetzung des Plans hänge von drei Faktoren ab: Der Abschluss der Geheimdienst-Ermittlungen zu dem mutmaßlichen Angriff, die Beratungen mit den Verbündeten und dem US-Kongress sowie das Vorhandensein einer juristischen Grundlage auf Basis des Völkerrechts. Ein Angriff der USA würde vermutlich mit Marschflugkörpern von See aus oder durch Langstreckenbomber erfolgen. Ziele wären Armee-Einrichtungen, die nicht direkt in Verbindung mit dem Chemiewaffen-Arsenal des Landes stehen. Kriegsschiffe der US-Marine mit Marschflugkörpern befinden sich bereits im Mittelmeer.
Cameron hatte seinen Urlaub abgebrochen und wollte im Tagesverlauf über eine Sondersitzung des britischen Parlaments entscheiden. Kerry betonte, Obama wolle vor einer Entscheidung über eine Reaktion mit Verbündeten sprechen. Er warf der Regierung Assads vor, den Tatort des Angriffs weiter zu bombardieren und damit Beweise zu vernichten. Anwohner berichteten, dass der Bombenbeschuss nur wenige Stunden nach der Abfahrt der UN-Inspektoren wieder aufgenommen wurde. "Das ist nicht das Verhalten einer Regierung, die nichts zu verbergen hat", sagte Kerry. Die Waffenexperten könnten allenfalls beweisen, dass Chemiewaffen eingesetzt worden seien, aber nicht, wer sie eingesetzt habe.
Der syrische Außenminister Walid Mualem zeigte sich unbeeindruckt angesichts der Planungen im Westen. Die Regierung werde ihren Militäreinsatz fortsetzen. Jede Intervention des Auslands nütze letztendlich nur den Extremisten der Al-Kaida.
USA VERSCHIEBEN GESPRÄCHE MIT RUSSLAND Unter Berufung auf "andauernde Beratungen", wer für den mutmaßlichen Giftgasangriff verantwortlich ist, verschoben die USA mit Russland geplante Gespräche über eine internationale Friedenskonferenz. Die russische Regierung bedauerte dies. "Es wäre besonders wichtig, die politischen Grundlagen für eine Lösung in Syrien zu einem Zeitpunkt zu legen, in dem die Drohung mit einem Militärschlag über dem Land liegt", erklärte Vize-Außenminister Gennadi Gatilow. Russland gehört zu den engsten Verbündeten von Syriens Präsident Baschar al-Assad und macht die Rebellen für den Angriff verantwortlich.
China warnte den Westen vor einem Militäreinsatz. Ein solcher wäre gefährlich und unverantwortlich, hieß es in einem Kommentar der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, sollte sich der Giftgas-Einsatz bestätigen, dann müsse die Weltgemeinschaft handeln: "Dazu stimmen wir uns derzeit eng ab mit unseren Verbündeten, aber vor allem auch mit den Vereinten Nationen." Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler erklärte, es müsse alles unternommen werden, um eine militärische Eskalation zu vermeiden. Der Grünen-Verteidigungsexperte Omnid Nouripur schloss eine Beteiligung Deutschlands an einem Militäreinsatz nicht aus, wenn ein entsprechender UN-Beschluss vorliege.
Angesichts der Spekulationen über einen US-Militärschlag rutschten die asiatischen und europäischen Aktienbörsen ins Minus. Anleger zogen sich aus Sorgen vor den wirtschaftlichen Folgen eines Angriffs zurück. Unter Verkaufsdruck gerieten auch zahlreiche Währungen, vor allem aus Schwellenländern. Öl und Gold verteuerten sich dagegen.
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