Frankfurt (Reuters) - Die seit Monaten andauernde Kreditklemme hat Südeuropa weiter fest im Griff. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Mittwoch in
Frankfurt mitteilte, sank die Kreditvergabe der Banken in der Euro-Zone
an Firmen und Privathaushalte im Juli abermals stark. Die Summe der
Ausreichungen der Banken schrumpfte demnach um 1,9 (Juni: 1,6) Prozent
zum Vorjahresmonat. Analysten hatten ein Minus von 1,6 Prozent
vorausgesagt. Bereinigt um Effekte aus dem Weiterverkauf von Krediten
und Verbriefungen lag das Minus bei 1,4 Prozent und war damit so hoch
wie noch nie seit der Einführung des Euro.
Besonders stark fielen die Kredite an Unternehmen, die im Jahresvergleich um 3,7 (Juni: 3,2) Prozent nachgaben. Da wegen der ultralockeren Geldpolitik der EZB nach wie vor sehr viel Liquidität im Finanzsystem zirkuliert, dürfte dies wie bereits in den Vormonaten an der geringen Kreditnachfrage der Firmen in den weiter in der Rezession gefangenen Ländern am Rand der Euro-Zone liegen. Die EZB entscheidet kommende Woche das nächste Mal über ihren geldpolitischen Kurs. Die Notenbank hat angekündigt, den Leitzins "für einen längeren Zeitraum" bei rekordniedrigen 0,5 Prozent zu belassen oder bei Bedarf sogar noch weiter zu senken, womit wenigstens im September aber niemand rechnet.
Michael Schubert von der Commerzbank führt die aus seiner Sicht "wieder einmal enttäuschenden" Zahlen nicht auf ein zu knappes Angebot der Banken zurück, wenngleich auch diese wegen der Krise weiter ihre Bilanzen bereinigten. Der Ökonom geht nicht davon aus, dass der EZB viele Möglichkeiten bleiben, gegen die Kreditklemme vorzugehen. "Da es keinen Liquiditätsmangel gibt, wäre ein weiteres langfristiges Refinanzierungsgeschäft der EZB mit den Instituten (LTRO) ein stumpfes Schwert."
Auffallend ist, dass trotz seit Monaten stetig steigender Stimmungsindikatoren die besser werdenden Perspektiven bei vielen Unternehmen und Banken in den südlichen Euro-Ländern nach wie vor nicht ankommen. Rainer Sartoris vom Düsseldorfer Bankhaus HSBC Trinkaus & Burckhardt hofft trotzdem, dass sich auch die Kreditvergabe wegen der Aussichten auf eine Stabilisierung der Konjunktur in den nächsten Monaten festigen wird. "Ermutigend ist das aktuell alles nicht, aber es zeichnet sich wenigstens nicht ab, dass wir zu einem freien Fall übergehen."
Christian Schulz von der Berenberg-Bank sieht das ähnlich: "Wir sehen eine Erholung der Wirtschaft ohne Kredite. Während die Realwirtschaft die Kehrtwende vollzieht, wird das nicht unterfüttert durch Kredite. Das wird sich zu einem späteren Zeitpunkt aber ändern." Argumente für eine Zinssenkung seien für die EZB aus den Daten gegenwärtig jedenfalls nicht ableitbar: "Die Konjunktur zieht ganz klar an."
Das Wachstum der für die Zinspolitik der EZB ebenfalls wichtigen Geldmenge M3 lag bei 2,2 (2,3) Prozent - ein recht geringer Wert. Im gleitenden Dreimonatsdurchschnitt (April bis Juni) erhöhte sich M3 um 2,5 (2,8) Prozent. M3 umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten, kurzfristige Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen mit bis zu zwei Jahren Laufzeit. Eine stark wachsende Geldmenge signalisiert eine potenzielle Inflationsgefahr.
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